Konstruktiver Journalismus
Bad news is good news – negative Nachrichten erzielen eine größere Aufmerksamkeit und dominieren daher die Nachrichtenwelt. Doch in der immer stärker krisengeplagten Gegenwart führt der penetrante Beschuss mit negativ besetzten Themen zu Gleichgültigkeit und Niedergeschlagenheit. Hier will der konstruktive Journalismus gegenhalten, indem er zwar die schlechte Nachricht veröffentlicht, sie aber in einen Kontext von Bewertungen und Lösungsansätzen einfügt.
Konstruktiver Journalismus zielt also nicht nur auf die Berichterstattung über Konflikte und Probleme ab, sondern auch auf eine umfassendere Darstellung der anstehenden Themen im wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Kontext. Er zielt darauf ab, die Ursachen und Entwicklungen von Problemen aufzudecken, aber auch über Lösungsansätze und Handlungsmöglichkeiten zu berichten, um die Gesellschaft auf unvoreingenommenere und nachhaltigere Weise zu informieren.
Abzugrenzen davon sind der Positive Journalismus, der in seiner Auswahl vorwiegend positiver Nachrichtenthemen eine Zensur vornimmt und seine Rezipienten in einer trügerischen Sicherheit wiegt und der Lösungsorientierte Journalismus, der zu jedem Problem eine Lösung anbietet und diese ausdrücklich empfiehlt. Lösungsorientierte Berichterstattung wurde unter anderem in den Medien der DDR angewandt, um die staatliche Propaganda in einer vermeintlich relativ ausgewogenen Berichterstattung unterzubringen.
Content Commerce
Es handelt sich um gezielte PR für Produkte mit einer direkten Verlinkung von einer als journalistisches Angebot gestalteten Onlineseite zum Internet-Shopangebot eines Produktanbieters. Da dabei jeder Klick auf die Verlinkung zum Produkt direkt bezahlt wird, gibt es eine unmittelbare kommerzielle Verbindung zwischen redaktioneller Berichterstattung und dem Verkäufer des jeweiligen Produkts. Die Inhalte des Content Commerce sind also weder unabhängig noch neutral und genügen daher nicht grundlegenden publizistischen Kriterien für eine objektive Berichterstattung. Es handelt sich also um eine Werbeform und nicht um Journalismus. Content Commerce wird zunehmend auch von Redaktionen mit journalistischem Angebot eingesetzt und in einem redaktionellen Umfeld ohne besondere Kennzeichnung präsentiert – mit Blick auf das Informationsinteresse der Rezipienten ist diese Unterform des Content Marketing mit direktem Verkaufinteresse jedoch höchst problematisch. Content-Marketing kann den Tatbestand des Unlauteren Wettbewerbs erfüllen: Entsprechend dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind von Marketingbetreibern bezahlte Leistungen als Schleichwerbung zu klassifizieren, wenn sie auf Websites Dritter ungekennzeichnet erscheinen.
Content Creator
So nennen sich aktuell jene, die früher „Blogger“ waren – also Menschen, die das Internet mit Inhalten füllen. Doch wer an neutrale und sachlich fundiert recherchierte Texte denkt, liegt falsch: Der Content ( englisch für „Inhalt“) stammt in den meisten Fällen von Industriekunden, ist also werblich beeinflusst und verfolgt deshalb kapitalistische Interessen. Dabei haben die veröffentlichten Inhalte nur ein Ziel: Umsatz zu steigern, also die Mediennutzer zum Kauf zu überreden. Es handelt sich schlicht um Marketing mit anderem Anstrich – also letztlich Werbung. Mithin: Ein schönes neues Wort für Reklame!
Die in diesem Zusammenhang vorgestellten Produkte und Dienstleistungen haben diese Schreiber*innen (und Autor*innen in andren Formen der Wiedergabe) von den Anbietern kostenlos erhalten (meist mit zusätzlichen Zahlungen), sie singen also nicht umsonst das Loblied auf diese Firmen – tun aber so, als wären ihre Tipps aus eigener fundierter Erfahrung entstanden. Hier wird also folgenlos mehr oder weniger penetrant gelogen! Neutrale Informationen sind also eher nicht zu erwarten.
Genau wie der Beruf „Journalist“ sind die Bezeichungen „Blogger“ und „Content Creator“ nicht geschützt – anders als der Beruf Redakteur*in, der eine definierte Ausbildung voraussetzt. Vielen Mediennnutzer*innen ist das gar nicht klar – sollte es aber! Und: Das lassen sich die Firmen einiges kosten: 2024 wurden rund 30,9 Milliarden Euro für die Verbreitung von Botschaften für digitales Marketing ausgegeben – Tendenz steigend (Quelle: Institut für Managementberatung, 2025).
KI im Journalismus
Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Journalismus nimmt derzeit drastisch zu und wird dazu führen, dass journalistische Texte nicht mehr von Menschen recherchiert und verfasst werden, sondern als Ergebnis von Datenbankauswertungen von Robotern zur Verfügung stehen. Schon heute sind entsprechende Texte aus digitaler Quelle in einigen Bereichen nicht mehr von „echten“, journalistisch verfassten Beiträgen zu unterscheiden – etwa im Sport oder auch im Wissenschaftsjournalismus. Einige große Medienunternehmen sehen in KI deshalb bereits einen technischen Wegbereiter für journalistische Innovationen. Journalist*innen sehen sich hingegen einer Zukunft gegenüber, in der ihre Arbeit teilweise oder sogar größtenteils überflüssig werden könnte. Tatsächlich wird KI schon JETZT eingesetzt, und zwar in Bereichen, in denen bereits vorhandene Informationen für eine Berichterstattung aufbereitet und neu zusammengeführt werden sollen. Besondere Chancen der KI liegen zum Beispiel in der Möglichkeit, trainierte Algorithmen bei der investigativen Recherche zu nutzen, um zum Beispiel große Datenmengen zu oder komplexe Zusammenhänge im Datenjournalismus besser zu veranschaulichen. Originär auf tagesaktueller Recherche beruhende Berichte werden allerdings wohl auch in Zukunft weiterhin von Menschen geschrieben werden – wenngleich auch sie mit Daten der KI angereichert werden könnten.
Eine besondere Rolle spielt KI auch in der Bildberichterstattung. Denn mit KI-Bildbearbeitungen sind bereits heute weitgehende Eingriffe und Retuschen in Fotos möglich. Diese Eingriffe sind später für den Betrachter praktisch nicht zu erkennen – die Technik birgt deshalb große Gefahren der Manipulation durch Bildinhalte, die in Wahrheit gar nicht vorhanden waren oder in einen neuen Zusammenhang gestellt wurden. Schon bald werden wir mit einer Text- Bilderflut konfrontiert sein, deren Motive nicht in der dargestellten Weise real waren und nur durch KI zu einer neuen Realität zusammengestellt wurden. Es wird immer wichtiger werden, unseren Augen nicht zu trauen – weil die Mehrzahl aller Texte und Bilder Fälschungen sein werden.